Das Loch

(2014)

Ein Loch kommt daher und setzt sich in eine Ecke der Lisztstraße in Aachen-Hanbruch und ist da, ohne Anmeldung. Sonst stehen dort Autos, wenn sie parken. Ein Autofahrer lenkt sein Auto rückwärts und ein Hinterrad fährt in das Loch, das der Fahrer nicht gesehen hat. Es macht Krach, doch das Loch kümmert sich nicht darum, denn es ist nur da und sagt nichts. Der Fahrer macht ein großes Geschrei und es kommt die Polizei, doch die ist nicht zuständig. Es ist nichts passiert, nur das Auto ist etwas verbeult. Es kommt ein Mann vom Betriebshof und macht um das Loch einen Zaun. Jetzt ist das Loch registriert und städtisch anerkannt. Es ist amtlich geworden, aber das stört es nicht. Es ist froh, dass es da ist. Wenn man in das Loch hinein guckt, sieht man etwas Sand und darüber Hohlraum, nichts aufregendes. Das ist das Besondere an einem Loch. Es besteht aus nichts, es unterbricht eine gerade Fläche und stört das Auge. Es unterbricht auch den aufrechten Gang, wenn es auf dem Weg eines Fußgängers vorkommt.

Das Loch in unserer Straße ist jetzt schon eine ganze Woche alt und der Warnzaun auch. Die Behörden sind dabei, den zu suchen, der das Loch zu verantworten hat. Es kann sich schließlich nicht einfach ein Loch auftun, ohne Genehmigung. Ehe der Schuldige gefunden ist, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Die Straße ist über vierzig Jahre alt, ob die alten Akten noch zu finden sind und der damalige Unternehmer noch lebt? Die Rechtsabteilung der  Stadt muss prüfen, ob das Loch oder der Anspruch auf Beseitigung des Lochs nicht längst verjährt sind. Das kann dauern.

Dem Loch ist alles egal. Es freut sich seines Daseins, auch ohne Genehmigung.

PS: Das Loch lebt immer noch, jetzt schon drei Wochen. Die Behörden haben offenbar beschlossen, dem Loch den Hohlraum weg zu nehmen, was sein Ende wäre. Vor drei Tagen wurden vier Schilder aufgestellt. An keiner Seite des Lochs darf gehalten oder geparkt werden.


 

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