Kleine Nachlese zu den belgischen Ostkantonen

Diese Gebiete waren bis zum I. Weltkrieg 1914/18 Teil des Rheinlandes. Da Deutschland aber im I. Weltkrieg die Neutralität Belgiens mißachtet hatte, wurden die drei Kantone Eupen, Malmedy und St. Vith – als Wiedergutmachung laut Versailler Vertrag – Belgien zugesprochen.

Das was für die Bevölkerung zu Anfang problematisch, aber man arrangierte sich mit dem „toleranten“ Belgien. Es gab auch manche Vorteile, in wirtschaftlicher Hinsicht und durch das selbstverständliche Erlernen der französischen Sprache.

Zu Beginn des II. Weltkrieges zog am 10. Mai 1940 das deutsche Heer wieder durch das neutrale Belgien. Der Versailler Vertrag wurde vom NS-Regime annulliert, die Ostgebiete waren während vier Jahren wieder deutsch, was nicht jedem gefiel.

Die Luftangriffe auf Aachen brachten es mit sich, daß manche Bewohner Unterkunft in den weniger gefährdeten ländlichen Regionen suchte. Inzwischen hatte ich, gebürtige Raerenerin, einen deutschen Mann geheiratet, der jedoch an der Front war. Unser Geschäft in Aachen – „Samen Langer“ am Markt – wurde im April 1944 völlig zerbombt. Glücklicherweise war ich bei meinen Eltern in Raeren evakuiert und heil davongekommen.

Für uns am Rand der früheren Grenze war der II. Weltkrieg eher vorbei – man war im Winter 1944/45 wieder Belgier! Die Besatzung durch amerikanische Truppen kam bald. In Privathäuschen wurden Soldaten und Offiziere untergebracht. Die „Amis“ genossen in der Etappe, nach der Befreiung Frankreichs und Belgiens, erholsame Wochen.

Das Fraternisieren mit den deutschen Flüchtlingen war strengstens untersagt. Sie mußten weiße Armbinden tragen, um als Deutsche erkennbar zu sein.

Im Hause meiner Eltern, einem Restaurant, war eine Art Offizierkasino eingerichtet. Eines Tages sollte, so wünschten es die Offiziere und Soldaten, eine „Party“ veranstaltet werden. Wir hatten keine Ahnung, wie so etwas arrangiert werden sollte. Es sollten einige junge Damen, möglichst englisch sprechend, eingeladen werden. Diese jedoch waren in der ländlichen Region Mangelware – nur einige der jungen deutschen evakuierten Frauen sprachen ganz gut englisch.

Meine Mutter deckte mit gutem Porzellan und feinem Silber eine festliche Tafel, so, wie das bei uns Sitte war. Aber so ist eine Party nicht – „Selbstbedienung“ war angesagt und gewünscht. Nur englische Konversation mit deutschen Flüchtlingen – auch netten, jungen, weiblichen – war verboten…

Da beschloß der kommandierende Oberst, daß die deutschen Girls die Armbinden abnehmen durften. Nun konnten sie eingeladen werden! Zu aller Erstaunen verkündete der Colonel – er hieß „Rosenzweig“ –, er sei auch deutscher Abstammung, seine Familie lebe in München. Die Party wurde ein heiteres Fest, die Konversation und das Fraternisieren klappten prima – nach amerikanischen Manieren.

P.S.: Die Bewohner Ostbelgiens gelten als „pflegeleichte“ belgische Staatsangehörige, und das wollen sie bleiben.


 

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