Kommen Sie zurecht?

Ich stehe an der Ampel am Aachener Hauptbahnhof mit einer Routenbeschreibung in der Hand. Neben mir steht ein alter Herr.

“Kommen Sie zurecht?”, fragt er freundlich, “Wo wollen Sie hin?” “Ich möchte zur Couvenstraße”, sage ich. Er erklärt mir ausführlich den Weg, seinen Lebenslauf und seine jetzige Tätigkeiten. Die Ampel springt auf Grün, die Ampel springt auf Rot. Ich will nicht unhöflich sein, aber nutze trotzdem eine Atempause um mich recht herzlich zu bedanken und meinen Weg fort-zu-setzen. Dank der Beschreibung schaffe ich es bis zum Dahmengraben. Da schau ich wieder auf meine Karte.

“Kommen Sie zurecht?” Diesmal schaut mich eine junge Dame fragend an. “Ich möchte zur Couvenstraße”, sage ich. Sie erklärt mir den Weg kurz und bündig, aber nicht ihren Lebenslauf oder ihre jetzige Tätigkeiten. Eigentlich schade, es hätte mich schon interessiert. Ohne weitere Hilfe komme ich diesmal bis in die Couvenstraße.

Es ist etwa vier Jahre her, als ich nach mehr als vierzig Jahren wieder nach Aachen kam und so freundlich und hilfsbereit empfangen wurde. Seitdem habe ich diese Erfahrung mehrmals gemacht.

Ich habe mehrere Kurse, Vorträge und Ausstellungen besucht und ich nutze die Zeit, die ich Aachen verbringe um die Stadt besser kennen zu lernen und immer Neues zu entdecken. Wenn ich dann irgendwo in einen für mich noch unbekannten Stadtteil komme und mich auf den Stadtplan orientiere, kommt jedes Mal jemand auf mich zu mit der Frage ob ich zurecht-komme. Mann, Frau, Jung und Alt. Und immer freundlich. Sogar im Hörsaalgebäude der RWTH an der Ahornstraße als ich auf der Suche bin nach einem anderen Raum als dem wo ich normaler weise die Vorlesungen habe. Eine junge Studentin bemerkt meine Sucherei und kommt auf mich zu mit dieser Frage.

Ganz anders ist das bei uns in den Niederlanden. Wenn da jemand an einer Ecke steht mit einer Karte, geht man in einem möglichst großen Bogen daran vorbei. Bestenfalls ruft  jemand: „Geh zur Seite, du stehst im Wege.“ Wir Niederländer sind ja gleich per du.

In diesen vier Jahre habe ich die Stadt kennen gelernt, von Vaalserquartier bis Kornelimünster, von Preuswald bis Eilendorf. Nur Haaren fehlt noch. Ich kenne mich inzwischen recht gut  aus. Wenn ich jetzt jemand sehe mit einer Karte in der Hand und einen Hilfesuchenden Blick in den Augen geh ich auf ihn zu und frage: „Kommen Sie zurecht?“


 

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