Ein großer Aachener hieß Karl, ein anderer Klaus
Oktober 2009, ein ganz normaler Monat, kein außergewöhnliches Jahr. Und dennoch – der Öcher weiß das ganz bestimmt – ein ganz besonderes Jubiläumsjahr für Aachen. Denn vor genau 50 Jahren wurde in Aachen der Scotch-Club, die weltweit erste Diskothek eröffnet, und durch den ersten – wie er es selbst nannte – moderierenden Diskjockey überhaupt bekannt und beliebt gemacht: Klaus Quirini.
Und dieser kam dazu wie die Jungfrau zum Kind, weil er damals als Volontär der Aachener Volkszeitung eigentlich vom Eröffnungsabend berichten sollte und eher zufällig an die Plattenteller gelangte, weil dem damals engagierten „Plattenleger“ offenkundig der notwendige Schwung fehlte.
Wer in der damaligen Zeit schon dabei war, wird Klaus Quirini allerdings unter dem Namen „Heinrich“ kennen, denn der Klaus sollte ja eigentlich Journalist werden. Weil er damals erst 19 Jahre alt, also noch nicht volljährig war, brauchte er die Genehmigung seines Vaters. Dieser, als Banker um den guten Ruf des Namens Quirini besorgt, machte zur Auflage, dass er sich einen Künstlernamen zulegen solle. Und so wurde der „Heinrich“ geboren, in Anlehnung an seine Erkennungsmelodie „Heinrich, ich hab´ nur dich” von Trude Herr.
Von Aachen aus trat nun die Diskothek ihren Siegeszug erst in Deutschland und dann in Europa an. In den USA dauerte es allerdings in die Mitte der 70er, bis dort die ersten Diskotheken eröffnet wurden. Den großen Durchbruch schafften sie dann allerdings erst 1978, als sich mit dem Disco-Film „Saturday Night Fever“ ein Welterfolg einstellte, in dessen Sog in den USA Diskotheken wie Pilze aus dem Boden schossen.
Und auch hier wollten die Aachener nicht zurückstehen. Denn genau in diesem Jahr 1978 wurde im Aachener Spielcasino die zumindest in Europa teuerste Diskothek eröffnet, genau am 31. Oktober 1978, der „Club Zero“. Um die 4 Millionen DM machte die West-LB seinerzeit locker. Und auch damals hatte Klaus Quirini seine Finger im Spiel, zumindest bei der Auswahl des ersten Diskjockeys dort. Ich erinnere mich sehr gerne an diese Zeit, denn ich hatte das Glück, damals von Klaus Quirini als erster Diskjockey für den Club Zero ausgesucht zu werden.
Im Gegensatz zu heute war der Club Zero untrennbar mit dem Spielcasino verbunden, anfänglich gab es dort sogar einen Spieltisch. Nobel sollte es zugehen und was 1959 obligatorisch war, nämlich eine Krawatte zu tragen, war in 1978 – nicht mehr ganz zeitgemäß – im Club Zero auch noch bindend vorgeschrieben, musste man doch die strengen Eingangskontrollen des Spielcasinos durchlaufen.
Wenn man diese Krawatte dann allerdings wieder auszog, gab es keinen Ärger im Club Zero. Als Diskjockey wirkt man einfach glaubwürdiger ohne Krawatte. Wie pflegte Klaus Quirini zu sagen: „Ein bisschen verrückt muss man als Diskjockey schon sein.“ Und ganz so nobel wollten es die Aachener auch nicht. Das Vorhaben, dort nur exquisite Getränke, aber kein Bier auszuschenken, wurde schon nach wenigen Wochen wieder aufgegeben. Das ließen die Aachener nicht mit sich machen. Zunächst heimlich im Silberbecher und später so wie sich das gehört, Bier auf der Karte verzeichnet und im Glas serviert. Au hur, die Öcher sind halt ein eigenes Völkchen. Das mussten die damaligen Betreiber der Gastronomie aus Bayern eben erst lernen.
Auch wäre es sinnvoller gewesen, Klaus Quirini bei der Einrichtung und Ausstattung des Club Zero zu beteiligen. Dieser hatte nämlich zur damaligen Zeit zusammen mit Franz-Josef Neumetzler die Firma Neuphone in der Theaterstraße betrieben, die Diskothekenausstattungen in allen Varianten verkauften.
Der Club Zero hingegen war „künstlerisch wertvoll“ eingerichtet, mit spiegelnden schwarzen Wänden und einer Tanzfläche aus Glas, die durch darunterliegende Projektoren Lichtspiele im Zusammenspiel mit dem Tabakrauch zauberten. Die Beleuchtung bestand aus einer sündhaft teuren Theaterbeleuchtungsanlage, die es erlaubte unzählige Lichtstimmungen zu programmieren und zu speichern. Oftmals vergaßen die Besucher vor lauter Staunen das Tanzen. Eine einfache Lichtorgel wäre sicher wesentlich effektiver und stimmungsvoller gewesen. Und solche gab es bei der Firma Neuphone in allen erdenklichen Varianten und dazu noch wesentlich günstiger. Hätte man das doch einfach mal die Aachener machen lassen. Insider wissen sicherlich, wovon ich rede.
Blick auf das Musikzentrum des Club Zero im internationalen Spielcasino in Aachen
Dies alles sind heute Erinnerungen eines damaligen Diskjockeys. Der Berufsstand des moderierenden Diskjockeys wurde in der Folgezeit vor allem im Techno-Zeitalter mehr und mehr durch den „synchronisierenden“ Diskjockey – kurz DJ – abgelöst. Nicht mehr dumme Sprüche und lustige Unterhaltung prägen das Bild des DJs heute, sondern die perfekten Übergänge von einem Titel auf den anderen sind gefragt, so dass der Zuhörer den Übergang gar nicht mehr bemerkt. Schade eigentlich, denn das setzt natürlich auch voraus, dass die Titel doch irgendwie alle ähnlich klingen. Sicher ein Verlust an Vielfältigkeit in der (Disco-)Musik.
Aber ein Trost könnte bleiben: wie die Erfahrung lehrt, kommt alles wieder. Vielleicht in Anlehnung an Udo Jürgens: Wenn ich 66 bin, werde dann auch ich wieder in Discos gehen und gerne daran denken, dass das alles im Oktober 1959 in Aachen mit Klaus Quirini seinen Anfang genommen und mich durch einen nicht unerheblichen Teil meines Lebens aktiv begleitet hat.
Danke Klaus!
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Hans Bauer, geboren am 10.01.1949 in Stuttgart, hat von 1975 bis 1983 in Aachen gelebt, an der RWTH Nachrichtentechnik studiert und zeitweise sein BAföG als Diskjockey aufgebessert.
Auch wenn ihn seine berufliche Laufbahn wieder nach Süddeutschland geführt hat, die Zeit in Aachen bleibt unvergesslich in Geist und Gefühl verankert und es bestehen heute noch gute Kontakte nach Aachen.
Seine besondere Liebe gehört der Musik. Nach kurzen Versuchen auf dem Klavier spielte er viele Jahre Geige und kurzzeitig auch Flügelhorn im Posaunenchor. Seine besondere Liebe aber gehört der Gitarre und dem Gesang.
Seine musikalischen Fähigkeiten waren auch hilfreich, als er zwischen 1971 und 1982 als Diskjockey eine bescheidene Karriere durchlief und damit auch sein Studium finanzieren konnte.
ja der scotch-club. mit klaus quirine habe wir mal versucht eine zeitung herauszugeben, genannt die schnauze. waren aber nicht viel nummern.
im scotch-lub war männlein jungbecker der tanzstar. der brachte aus lüttich die neuesten tanzstile mit. aber richtig rocken roll hab eich im roma mit der glastanzfläche gelernt mit rosi. schweißnass kam ich nach haus. dann war noch ein disco-keller am theaterplatz, kurz nach wmf. da hat mich dann mal das jugendamt aufgegriffen. und dann heppion, 1. etage und cappucino mit walter drees und chicago einfach.