Wo die Öcher Mösch stillsitzt – der Spatzenbrunnen
Im westlichen Zipfel des Münsterplatzes – da, wo die hübschen, schmalen, spitzgiebeligen Wohnhäuser in harmonisch-dezenter Buntheit stehen – kann man sich besonders schön niederlassen zu Kaffee und Kuchen, einem erholsamen Imbiss oder einfach nur zu einem erfrischenden Getränk. Man hat den Dom greifbar nah vor Augen und dazu jede Menge Menschen – Touristen, die gemütlich vorbeischlendern, die meisten mit dem Blick nach oben, oder die geschäftigen Aachener, die einfach ihrem Tagewerk nachgehen … Diese Ecke des Münsterplatzes ist ein wunderschöner, fast beschaulicher Ruhepunkt. Und auf der Höhe des Durchgangs vom Münsterplatz zum Domhof, zwischen drei relativ jungen Bäumen, befindet sich ein Trinkwasserbrunnen der zauberhaftesten Sorte. Denn er ist Heimat für elf putzige Bronzevögel – alles „Mösche“, also Spatzen, die auf den Stangen über dem kugelförmigen Brunnen sitzen. Deshalb heißt er auch „Möschebrunnen“, auf Hochdeutsch „Spatzenbrunnen“.
Der Brunnen erzählt die Geschichte dieses Markplatzes im Schatten des Aachener Doms, wo ungefähr im späten Mittelalter ein Singvogelmarkt war und es an allen Ecken und Enden nur so zwitscherte. Den Spatz haben die Aachener sowieso ganz besonders in ihr Herz geschlossen: „Der schönste Vowel, den wür han, dat is de Mösch“, singt man hier beispielsweise im Karneval. Die Ursprünge dieser besonderen Piepmatz-Liebe konnten übrigens leider nicht ermittelt werden … Jedenfalls war es fast logisch, dass der Bildhauer Bonifatius Stirnberg 1978 bei Erschaffung dieses liebevoll ausgearbeiteten Brunnens die „Öcher Mösch“ zu seinen Hauptdarstellern machte.
In seiner nahezu beschaulichen Stille – kein Bus fährt hier, und man hört kein einziges Auto – hat dieser weniger weitläufige Teil des Münsterplatzes, der auch der „kleine Münsterplatz“ genannt wird, seinen ganz besonderen Reiz. Wer sich hier niederlässt, vergisst schnell die Zeit und erliegt fast ganz automatisch dem Charme der Altstadt – Zauberwort Entschleunigung. Das macht allein genauso viel Freude wie in netter Begleitung …
Dieser Text erschien zuerst im Buch “Glücksorte in Aachen” von Uschi Ronnenberg,
erschienen im September 2019; mit freundlicher Genehmigung des Droste-Verlages
dürfen wir ihn hier abdrucken. (Foto im Buch: fotografie-manthei.de)
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Uschi Ronnenberg, geboren 1959, lebt in Aachen seit Beginn ihrer Volksschulzeit. Sie ist freiberufliche Grafik-Designerin mit einigen Zusatz-Skills, liebt die deutsche Sprache und ist vergnügte Patin des Wortes “Weiberkram”. Sie ist seit 2000 verheiratet mit Peter Hoch und 2004 vom Holzgraben in die Soers umgezogen.
2007 rief sie unser-aachen.eu ins Leben und ist seitdem auf Non-Profit-Basis und unter Ausnutzung aller sich bietenden Möglichkeiten beharrlich damit beschäftigt, Mitautoren sowie Aufmerksamkeit für die schönen Ameröllche zu gewinnen.
2019 erschien ihr Buch “Glücksorte in Aachen” im Droste-Verlag, 2023 in zweiter Auflage.
Als ein gewisser Enzo noch am Münsterplatz am Dom die urige Szene-Gaststätte “Domblick” bis in die Endachtziger führte, holte der sich immer das Wasser zum wischen der Tische und des Fußbodens aus dem „Möschebrunnen“, der alte Fuchs …