Im Bombenhagel fing mein Leben an
Kleine Episode eines Öchers, aus Mutters Erzählungen
Meine Geburt fand am 27. September, einem Sonntag des Kriegsjahrs 1942 im Marienhospital in Aachen-Burtscheid statt. Dieses Krankenhaus und seine Entbindungsabteilung wurde von den „ Armen Schwestern vom Hl. Franziskus“ des Franziskaner-Ordens geleitet.
Es gab in dieser Zeit fast täglich mehrmals Bombenalarm, manchmal stündlich. Dann wurden die „Wöchnerinnen“ mit den Neugeborenen auf dem schnellsten Weg in den Luftschutzkeller gebracht. Dies waren Vorsichtsmaßnahmen, denn meistens handelte es sich um Fehlalarm.
Als es nach zahlreichen Fluchten in die Kellerräume mal wieder soweit war und die Sirenen heulten, glaubte meine Mutter wieder an den üblichen Fehlalarm. Da sie sich erschöpft und müde fühlte, wollte sie den Luftschutzraum diesmal nicht aufsuchen. Doch die Nonnen redeten auf sie ein und ermahnten sie, an das Wohl ihres Kindes zu denken. So ließ sie sich schlussendlich doch noch überreden und suchte mit mir, dem Neugeborenen, die Kellerräume auf.
Diesmal hörte man fürchterliche Einschläge und bald erwies es sich, dass das Hospital von mehreren Bomben getroffen worden war. Erst nach Stunden kam die Entwarnung und die Menschen durften die Luftschutzkeller wieder verlassen. So auch die Mütter mit ihren Neugeborenen.
Doch welch ein entsetzlicher Anblick beim Betreten unseres Zimmers. Die gesamte Zimmerdecke war eingestürzt und hatte Bett und Kinderwiege verschüttet. So wären wir, im Falle eines Verbleibens, beide unter den Trümmern begraben worden.
Somit verdanke ich der Überzeugungskraft der „Armen Schwestern vom Hl. Franziskus“ mein Leben. Schließlich bin ich ja ein Sonntagskind und dieses Leben hat danach schon über 70 Jahre gehalten.
Bei meiner, kurz darauf folgenden katholischen Taufe hatte eine der Nonnen gemeint, ich sei wohl auserwählt und aus mir würde sicher ein besonders gläubiger Mensch werden. Da muss ich die fromme Frau noch nachträglich enttäuschen, denn das ist so nicht eingetroffen, zumindest nicht im katholischen Sinne.
Dafür bin ich ein Öcher von Herzen und Seele geworden und mir ist eine realistische Denkweise gegeben worden.
Dankbar bin ich natürlich für immer den “ARMEN SCHWESTERN VOM HL. FRANZISKUS”
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René H. Bremen, Jahrgang 1942, ist Aachener, Rentner und arbeitet als Maler und Bildhauer. 35 Jahre lang hatte er Friseursalons in Aachen, nachdem er sieben Jahre in diesem Beruf im Ausland verbracht hatte (verschiedene Orte in der Schweiz, London, Paris und Montreal).
Seit dem Tod seiner Frau 2007 bekleidet er verschiedene Ehrenämter, interessiert sich für klassische Musik und Literatur und reist viel. Er ist Gründungsmitglied des Künstlerkollektivs “Atelier-Kunstdialog”, das seit 2006 besteht.