Fritten – ein Öcher Grundnahrungsmittel

Zu den Grundnnahrungsmitteln des Öchers gehören neben den Printen mit Sicherheit „Puttes“, Sauerbraten, Reisfladen und natürlich „Fritten“.

Der Öcher nennt die Kartoffelstäbchen einfach  „Fritten“, eigentlich heißen sie „Pommes frites“ das kommt aus dem französischen und heißt „frittierte Äpfel“. Das ist allerdings nicht ganz korrekt denn es handelt sich hier ja nicht um Äpfel, sondern um Erdäpfel – Pommes de terre!

Aber was so ziemlich sicher ist, dass die „Fritten“ in Belgien erfunden wurden. Das kann man schon im Asterix Band XXIV – „Asterix bei den Belgiern“ nachlesen. Die Römer bringen Öl zum Sieden, um es von den Palisaden auf die anrückende belgische Einheit zu schütten. Als die Belgier das römische Lager angreifen, fragen sie sich, was das brodelnde Öl soll. „Wat is denn dat für eine Fritüre?“ Doch statt einer Antwort, fällt der Römer um „wie ein Sack Kartoffeln“. Und schon war die Idee der „Fritten“ geboren. „Kartoffeln? Kartoffeln?“ Frittiert … Kartoffels frites … dat muß ich unbedingt mit Kantine bereden!“

Glaubt man Paul Ilegems hat die heilige Teresa von Avila die frittierten Kartoffeln erfunden. Ein Beweis dafür liefert ein  Gemälde von Francisco Rizi, einem spanischen Hofmaler, der 1676 das Bild „Teresa in der Küche“ gemalt hat. Die heilige Teresa baute Kartoffeln im Klostergarten an. Auf dem Bild sieht man sie in einer verqualmten Küche mit einer Stielpfanne in der Hand und in der Pfanne kann man mit viel Phantasie eine halbe Kartoffel dampfend im Öl liegen sehen.

Eine andere Geschichte erzählt, dass die „Fritten“ vor ca. 350 Jahren in Dinan/Namur in Belgien erfunden wurden. Die Maasfischer feierten dort jedes Jahr am Ende der Fischfang-Saison ein Fest. Dann wurden die Fische, die zu klein zum Verkauf waren in  heißem Fett frittiert und dann vom Volk gegessen. Als jedoch einmal der Winter sehr früh kam und die Maas zugefroren war konnte man nicht mehr fischen und das Fest drohte auszufallen. Ein Fischer aber meinte „Fische oder keine Fische, wir feiern!“ Und als Ersatz für die kleinen Fische schnippelte man Kartoffeln in schmale Streifen und warf sie ins heiße Fett. Die frittierten Kartoffeln schmeckten den Menschen so gut, dass sich diese neue Art der Kartoffelzubereitung zunächst in ganz Limburg und bis über die deutsche Grenze nach Aachen verbreitete. Aachen war lange Zeit die erste und einzige deutsche Stadt, in der dieses „volksnahe“ Essen zubereitet wurde.

Wenn meine Mutter früher Fritten zubereitete freuten wir Kinder uns sehr. Gab es doch kaum etwas Köstlicheres. Aber vor dem Genuss stand die Arbeit. Die Fritten wurden in Nierenfett frittiert, dass holte ich in einer Metzgerei am Hubertusplatz. Mit meinem Roller fuhr ich die Weberstraße hinunter und holte 5 Pfund von dem Rinderfett, abgepackt in 500g Päckchen, die in Pergamentpapier verpackt waren, jeweils mit einem Aufdruck in Form eines Rinderkopfs versehen. Zurück ging es mühsam bergauf, aber ich wusste ja wofür ich diese Mühe auf mich nahm. Zusammen mit meiner älteren Schwester und meiner Mutter schälten wir riesige Berge Kartoffeln, extra dicke, sogenannte „Frittenkartoffeln“.

Damit sie nicht braun wurden kamen sie in einen Eimer mit kaltem Wasser. Da wir zu Hause 8 Personen waren (ich habe 5 Geschwister) kamen da schon einige Kilos zusammen! Dann kam die Arbeit, die ich am liebsten verrichtete, die Kartoffeln mussten zu gleichmäßigen Fritten geschnitten werden. Das geschah mit Hilfe eines „Frittenschneiders“, durch die scharfen Messer drückte  man die Kartoffeln, und hinten kamen dann die Kartoffelstäbchen heraus. Jetzt wurden die Kartoffeln portionsweise in heißem Nierenfett vorfrittiert. Dann mussten sie wieder abkühlen, bevor sie endgültig frittiert wurden, bis sie goldgelb und knusprig waren. Zum Schluss noch etwas Salz drauf und fertig. Besonders lecker schmeckten die“ Fritten“, wenn sie nicht auf dem Teller serviert wurden, sondern in Papiertüten genau wie in der „Frittenbude“, dann hatte ich sie am liebsten und obendrauf ein großen Klecks Düsseldorfer Löwensenf extra scharf!

Wenn ich als Kind meine Oma besuchte, gab es drei Dinge mit denen sie mir eine Freude machen konnte. Zum einen mit Zitronenbonbons, zum zweiten indem sie mir „Fridolinsuppe“ kochte (eine Tütensuppe mit Nudeln in Tierform, u.a. kleine Schaukelpferdchen) und drittens wenn sie „Fritten“ machte. Sie schälte schnell ein paar Kartoffeln, schnitt sie mit ihrem scharfen Kartoffelmesserchen zu „Fritten“ und ab ins heiße Fett damit. Sie benutzte einen alten Topf aus Gusseisen und eine Schaumkelle. Die Temperatur schätzte sie nach Gefühl. Aber lecker waren die „Fritten“ immer!

Heute werden „Fritten“ in der Regel in Pflanzenöl frittiert, Nierenfett ist kaum noch zu bekommen, obwohl der Geschmack der „Fritten“ damit um einiges besser wird. Man könnte bei seinem Metzger mal nachfragen oder vielleicht beim Schlachthof. Als „vegetarisch“ kann man damit zubereitete „Fritten“ allerdings nicht bezeichnen. Ein gutes Pflanzenöl ist aber eine echte Alternative.

In Brügge (Belgien) gibt es sogar ein Museum, das sich seit 2008  ganz dem Thema „friet“ (flämische Bezeichnung der „Fritten“) widmet. Nähere Informationen findet man unter www.frietmuseum.be. Es ist das erste und einzige Museum, das sich mit dieser köstlichen Leckerei beschäftigt.  Das Museum ist in einem denkmalgeschützten Haus aus dem Jahr 1399 untergebracht. Die Ausstellung widmet sich auf 3 Etagen den Themen: Geschichte der Kartoffel,  ihr erstes Aufkommen in Belgien, historische Geräte wie Kartoffelschälmaschinen, Chipsmaschinen, Fotos, Kunstwerke und Videos die die perfekte Herstellung von „Fritten“ zeigen. Und natürlich kann man hier auch „Fritten“ essen!

Das was man heute als „Fritten“ serviert bekommt hat den Namen oft nicht verdient. Meistens  werden sie aus tiefgekühlten Kartoffeln zubereitet, werden im Backofen gebacken, nicht vorfrittiert, in altes Fett geworfen, zu heiß oder zu kalt frittiert. Leckere „Fritten“ zuzubereiten ist eine Kunst. Wenn man dabei einige Punkte beachtet kann sie aber jeder erlernen.

So, jetzt kommt das, worauf sicher schon alle gewartet haben. Das Rezept für „1A-Fritten“:

Kartoffeln schälen, gleichmäßig schneiden und in eine große Schüssel mit kaltem Wasser legen und das Stärkemehl austreten lassen. Das Wasser mit der Stärke wegschütten. Kartoffelstäbchen gründlich abtrocknen!

Nierenfett erhitzen, wenn man keins hat oder bekommt nimmt man ein gutes Pflanzenöl, dass hoch erhitzt werden darf, z. B. Erdnussöl. Das Fett zunächst auf 130 – 140 Grad C erhitzen.

Das Geheimnis einer guten „Fritte“ liegt im zweimaligen Frittieren. Beim 1. Frittiervorgang werden die „Fritten“ bei 130-140 Grad C 5-6 min in kleinen Portionen frittiert (nicht zu viele auf einmal nehmen!), abtropfen lassen und zum Abkühlen beiseite stellen. Nachdem alle Kartoffeln vorfrittiert sind und abgekühlt sind das Fett nochmal höher erhitzen. Jetzt sollte eine Temperatur von 170-175 Grad C erreicht werden (nicht höher!) Jetzt die vorfrittierten Kartoffelstäbchen für ca. weitere 3 Min. frittieren, bis sie goldgelb und knusprig sind. Fett gut abtropfen lassen, „Fritten“ salzen und genießen!

Ich wünsche allen viel Spaß beim Zubereiten und guten Appetit!

Hier noch ein paar Tipps:

Das benutzte Fett nicht öfter als ca. 8 mal benutzen, dann durch frisches ersetzen.
Kein frisches Öl zum alten dazugießen.

Macht man längere Zeit keine „Fritten“, sollte man ebenfalls neues Fett nehmen, auch wenn man das alte erst wenige Male benutzt da. Denn Fett oxidiert durch den Kontakt mit Sauerstoff an der Luft und es entstehen giftige Stoffe.

Keine anderen Nahrungsmittel im gleichen Fett ausbacken.

Keine Frittenreste im Fett zurücklassen.

Die besten „Fritten“ macht man auf jeden Fall selbst! Wenn man Fritten aus der „Bude“ genießen will, muss man probieren wo es gute gibt. Sicher findet man auch in Aachen, die ein oder andere „leckere Fritüre“, doch die leckersten habe ich bisher in Belgien gegessen! Ausprobieren kann man  z. B.  Kathy’s Frietnesse („die wohl einzigartigste Frittenschleuder in Aachen“),  Maier-Pevelings („Aachen schickste Frittenbude“), den “ Frittenbruder“ in Kornelimünster, in Kelmis das „Frit Inn“ (ehemals „Bei Ralf“), „Friterie New Quinta“ in Eynatten, in Maastricht „Frituur Reitz“,  Baraque Michel im Hohen Venn (immer von Hand geschnitten) oder …

Ganz spielerisch kann man sich einen Überblick verschaffen mit Hilfe des „Fritten Buden Quartetts“, das seit 2013 im Handel erhältlich ist. Man erhält Informationen über Anzahl Soßen, Preise, Anzahl der Gäste, Entfernung zum Dreiländerpunkt u.a. mehr. Es werden 32 Frittenbuden vorgestellt: Lecker, smakelijk und très délicieux!

Ausgehend von Belgien, über Aachen hat die „Fritte“ ganz Deutschland und den Rest der Welt erobert. Hier bei uns gehen jährlich allein ca. 300.000 Tonnen Tiefkühlware über den Ladentisch, das entspricht ca. 1 Milliarde Portionen „Fritten“. Hinzu kommen noch die Portionen, die in den Buden und Restaurants verzehrt werden. Unglaubliche Mengen!

 

Quellen:


 

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4 Antworten

  1. Elli Morgan sagt:

    Oh Hanne , dass hast du so lebhaft und mit Humor beschrieben.
    Da kann man sich nur freuen und jetzt habe ich Lust auf Fritten 🙂

  2. Richard Braun sagt:

    Liebe Hanne,
    als ehemaliger “Aachener” Student habe ich in Mensa und diversen “Schnellimbissen” für mein leibliches Wohl leckere Aachener Fritten, pur oder rot-weiß, regelmäßig genossen. Sie sind mir immer gut bekommen. Von daher: volle Bestätigung der Themenformulierung.

  3. Ich bekenne mich auch sehr gerne als ein Freund der frittierten Sonnenstrahlen.

  1. 16.05.2021

    […] Ich bin Aachenerin – wir sagen “Fritten”, nicht “Pommes”. […]

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