Brab-Zimmermann
Ein Lebensmittelladen auf der Lütticherstraße
Dies soll mein erster Beitrag auf der Seite “Unser Aachen” werden. Eingeladen, hier zu schreiben, hat mich Frau Ronnenberg, wofür ich mich bei Ihr bedanken möchte.
Es würde mich sehr freuen, wenn eine geneigte und interessierte Leserschaft gefallen an meinen Geschichten hätte, die nicht aus den Aachener Schulbüchern zur Historie dieser Stadt kommen, sondern die mir von den Menschen auf den Straßen von Aachen vermittelt und erzählt worden sind.
Dieser und die möglicherweise folgenden Artikel sind samt und sonders auch auf meinen beiden Blogs Tanos Katzentisch … und Aachen | Tanos Vintage Lounge … erschienen und werden hier lediglich bei Bedarf geringfügig modifiziert veröffentlicht.
Für die Lütticher Straße habe ich begonnen, mich verstärkt zu interessieren, als im Mai 2014 der erste Abschnitt der Straßenbauarbeiten zwischen der Schanz und der Kreuzung Körnerstraße am Jüdischen Friedhof begann.
War zu Beginn meiner Recherchen über diese Straße kaum etwas ins Netz der Informations-Abschöpfung von Anwohnern und Geschäftsleuten gelangt, strömten nur wenige Tage später die Erinnerungen mannigfach.
Es war, als ob man mit einem Schöpf-Köcher an der Oberfläche der einzelnen Gedächtnisse einen Strudel ausgelöst hätte, der in den Tiefen dieser Gedächtnisse einen kollektiven Auftrieb längst vergessener Erinnerungen zu Tage gebracht hatte.
Dadurch wurde die Webdichte des Teppichs der Erinnerungen zu den Geschichten dieser Straße und der Stadt natürlich immer enger geknüpft.
Das war sehr erfreulich und so erinnerten sich einige Bürgerinnen und Bürger dieser Straße auch wieder daran, daß in den Tiefen ihrer Schränke und Keller auch noch Photos und andere Pretiosen zur Geschichte ihrer Straße schlummern (müssten).
Sie begannen sie zu suchen …! Und sie wurden fündig … Dafür bedanke ich mich ganz herzlich bei allen, die dazu beigetragen haben, daß ich die Erinnerungen dieser Menschen niederschreiben konnte.
Ich beginne mit der Geschichte des Lebensmittelgeschäfts der Familie Brab-Zimmermann auf der Lütticher Straße 6 und mit Informationen zu dem „Baum-Menschen“ vor dem Haus mit der Nummer 22.
Wo heute die Firma Klüttermann Markisen ihren Qualitätsbetrieb im Haus mit der Nummer 6 hat, befand sich bis November 1990 das Lebensmittelgeschäft der Familie Brab-Zimmermann.
Es gibt von diesem Haus und dem Geschäft wunderbares Bildmaterial aus den Jahren 1947/1948, den 60ern, aus 1962 und vom letzten Verkaufstag am 11. November 1990, welches mir freundlicherweise vom Sohn der Familie Brab-Zimmermann – dem Optiker Franz Zimmermann – zur Veröffentlichung überlassen worden ist. Ich bedanke mich dafür. Sämtliche Eigentums- und Verwertungsrechte verbleiben selbstverständlich bei ihm.
Dieses Bild ist 1947 aufgenommen worden. Das Gebäude Lütticher Straße 6 war eines der ersten, welches von den Großeltern, den Eltern und Angehörigen wieder aufgebaut worden war. Links und rechts vom Haus standen nur noch die Reste der Ruinen aus den Kämpfen des II.Weltkrieges.
Die Toreinfahrt ist heute noch immer die selbe, wie damals. In den weitläufigen Hof- und Gartenbereichen dieses und der angrenzenden Häuser, die sich bis zu den Hausrückwänden an der Straße Im Johannisthal erstreckten, gab es früher Wiesenflächen und Weiden, auf denen Kühe und Kleinvieh gehalten wurden.
Eine ganz besondere Aufnahme vor dem Haus Lütticher Straße 6 in unmittelbarer Nähe zur Schanz hat mir ebenfalls der Herr Optikermeister F. Zimmermann zur Verfügung gestellt und wird hier erstmals öffentlich gezeigt.
Herr Zimmermann vermutet, daß diese Aufnahme im Jahr 1948 gemacht worden ist. Auf dem Bild zu sehen ist ein Waggon der Aachener Straßenbahn der Linie 27. Der Blick geht von der Schanz auf die rechte Straßenseite der Lütticher Straße in Richtung Franziskus-Hospital.
Das Photo muss nach der steinernen Wiederherstellung der durch Kriegseinwirkungen zerstörten Schanz-Brücke aufgenommen worden sein, weil über das von den Amerikanern errichtete Holzprovisorium keine Straßenbahn fahren konnte.
Das Bild von der Schanz-Brücke aus Holz ist auf der Seite des Aachener Geschichtsverein als viertes von oben zu sehen.
Über die Straßenbahn auf dieser Straße werde ich beizeiten einen gesonderten Beitrag veröffentlichen.
Es folgt eine Aufnahme aus den Sechzigern, die zwar nicht in der Lütticher Straße gemacht worden ist aber in nahem Bezug zu ihr steht.
Darauf zu sehen sind ein Gespann mit Kutsche und dem Kaltblüter “Hans” auf dem Gelände einer zu jener Zeit großzügig angelegten Gemüseanbaufläche an der Bleiberger Straße. Im Hintergrund ist die Güter-Bahntrasse der Montzenroute von Aachen durch den Gemmenicher Tunnel nach dem belgischen Montzen-Gare zu erkennen.
Auf diesem Gelände unterhielt die Familie des Hubert Brab einen Gemüseanbau.
Die auf der Bleiberger Straße geerntete Ware wurde im Geschäft auf der Lütticher Straße verkauft. Heute sind diese Flächen dort weitestgehend bebaut.
Mit diesem Pferdegespann haben die Großeltern und Eltern der Brab-Zimmermanns nach dem Krieg auch die Trümmer aus der Lütticher Straße weg transportiert.
Die Automarke im Hintergrund kann ich nicht sicher bestimmen. Vielleicht ein alter Opel Rekord?
Das nächste Bild zeigt das Ladeninnere und den Verkaufstresen im Lebensmittelgeschäft, wo es auch Haushaltswaren aller Art zu kaufen gab. Eines der schönsten Bilder aus der Sammlung zu diesem Laden, welches 1962 nach einer umfangreichen Modernisierung des Verkaufsraums aufgenommen worden ist.
Rechts hinter dem Tresen mit dem Spielzeug-LKW und offenem Schnürsenkel ist der etwa vier Jahre alte Sohn zu sehen, der heute ein gut sortiertes und qualifiziert geführtes Optiker-Fachgeschäft in Aachen leitet.
Die vielen Blumen auf der Theke und auf dem Regal scheinen Gratulations-Präsente zu sein und eine zu Recht stolze Frau Brab-Zimmermann überschaut das Geschäft.
Am 11. November 1990 war dann leider der letzte Verkaufstag in diesem seit 40 Jahren bestehenden Kaufmannsladen.
Hinter der Verkaufstheke bedient Herr Brab-Zimmermann senior die Kunden. Viele der heutigen Anwohner der Straße können sich noch gut an ihn erinnern. Er war ein beliebter Mann und hatte häufig einen lustigen Spruch für seine Kundschaft drauf.
Eine Außenaufnahme des Geschäfts vom 11. November 1990 mit einer Auswahl des reichhaltigen Warenangebots des Obst- und Gemüsehändlers.
Auf den beiden roten Tafeln die im Schaufenster hängen, steht geschrieben: “Danke sagen wir allen Kunden für 40 Jahre Freundschaft und Vertrauen” und “Wir schließen am 11.11. 1990”.
Damit verschwand wieder ein gutes Stück des alten Aachen und soll mit diesem Aufsatz unvergessen bleiben.
Ach ja! Ich hab den Baummenschen wiedergefunden.
Er wurde mit äußerster Vorsicht unter Anleitung des für diesen Straßenabschnitt zuständigen Baupoliers – auch Schachtmeister genannt – von seinem Sockel entfernt und an einen hoffentlich sicheren Ort verbracht.
Diese Auskunft habe ich vom Herrn Goldhausen erhalten, der sozusagen einer der vielen lebenden „Gedächtnisse“ dieser Straße ist.
Über den weiteren Verbleib der Schnitzarbeit war bis dato nichts sicher bekannt. Nun hab ich ihn wiedergefunden … Er befindet sich in einem Haus nahe seines früheren Standortes in den Räumen eines Geschäftsbetriebs und es bleibt zu hoffen, daß er nach Abschluss der Bauarbeiten der geneigten Öffentlichkeit wieder zugänglich oder sichtbar gemacht wird.
Was steckt eigentlich hinter der Geschichte zu diesem Baumstumpen?
Irgendwann im Sommer 2005 wurde dieser Baum nach einem Unfallschaden aus Sicherheitsgründen von den Aachener Stadtbetrieben gefällt. Ein etwa 1 bis 1,50 Meter hoher Stumpf blieb stehen. Es war in der Adventszeit 2005 als dieser Stumpf des Baumes plötzlich von einer Plane umgeben war, hinter der sich ein künstlerisch begabter Anwohner und Geschäftsmann der Straße, dran zu schaffen machte. Nachfragen der Anwohner nach dem Treiben hinter der Plane beantwortet der bei vielen bekannte Mann mit „Das wird eine Überraschung.“
Da sein Tun ohne Genehmigung der städtischen Behörden stattfand, bat er auch darum, niemandem zu sagen, wer er sei. Kurz vor Weihnachten 2005 waren seine Arbeiten beendet, die Plane wurde weggezogen und die verblüfften Anwohner und Geschäftsleute waren von dem Werk begeistert.
Nur etwa ein gutes Jahr später zog der „unbekannte“ Holzschnitt-Künstler aus der Lütticher Straße weg. Viele Bewohner der Straße würden sich sehr darüber freuen, wenn dieser Baummensch wieder öffentlich sichtbar wäre.
Weitere Geschichten und Ameröllche zu dieser Straße werden folgen.
Views: 1078
Ich bin Kreuzberger Jahrgang 1952 und mit 25 Jahren von Berlin nach Aachen gezogen. Die Schmetterlinge im Bauch haben mir den Weg gezeigt.
Nun bin ich 62 Jahre alt und man nennt mich den Öcher mit dem Sprachfehler.
Aachen ist ohne Wenn und Aber meine Heimat geworden, obwohl mir so manches immer noch arg ulkig vorkommt und ich gerne meckern tu.
Immer wieder toll sind jedoch die Geschichten oder Ameröllchen dieser Stadt, die mir zu Ohren kommen und die in keinem Öcher Geschichtsbuch zu finden sind und von keinem Stadtführer erzählt werden.
Das möchte ich hier gerne tun …
Das ist eine schöne Geschichte. Ich wusste gar nicht, dass die Lüttich Straße einmal sozusagen eine eigene Identität hatte, habe sie nur als so eine Art Durchgangsstraße in Richtung Belgien erlebt.
Ich bin füher mit meiner Oma, die dort regelmäßig eingekauft hat, bei Brab gewesen. Kann mich noch gut erinnern. Meine Oma wohnte An der Schanz, und der Hof des Hauses grenzte an das Grundstück von Brab. Dort habe ich regelmäßig die Hühner von Brab mit altem Brot gefüttert,
Ich bedanke mich für die freundlichen Worte bei Ihnen Beiden und werde dem Sohn der Familie Brab-Zimmermann dies mitteilen.
Sehr schöner Bericht. Meine Eltern haben die Delftklause an der Schanz betrieben, und ich war fast täglich dort einkaufen. Dort wurde man als Kind immer behandelt wie ein Erwachsener. Schöne Zeit.
Lieber Herr van Daalen,
Herr Brab war mein Großvater und Grete Zimmermann meine Tante. Sie hatten tolle Fotos auf der Seite, die jetzt teilweise nicht mehr zu sehen sind. Könnten Sie mal auf der Seite nachschauen, ob Sie die Bilder wieder sichtbar machen können? Ich würde mich sehr darübr freuen. Meine Mutter, eine Tochter von Hubert Brab wünscht sich, dass ich ihr diese Bilder ausdrucke.
Vielen Dank und liebe Grüße
Liebe Frau Daniel, ich kümmere mich in den nächsten Tagen um den rätselhaften Verbleib der Fotos… Danke, daß Sie darauf aufmerksam gemacht haben!
Sehr geehrte Frau Daniel
Wie ich sehe, hat sich Frau Ronneberg (die Betreiberin dieser Seite) des Problems schon angenommen, insofern es möglicherweise bald einen Lösung dafür geben wird.
Danke Uschi!
Alternativ kann ich Ihnen anbieten den Artikel auf meinem Blog nachzulesen…
https://tanoscederquist-lounge.blogspot.com/2014/10/die-lutticher-strae-2-teil.html
…oder
https://aachenvintage.blogspot.com/search?q=Brab+Zimmermann
… wo er am 1. Oktober 2014 erstmals veröffentlicht worden war.
Unter dem Suchbegriff “Lütticher Straße” finden Sie dort weitere Geschichten zu dieser Straße.
Ich wünsche Ihnen viel Freude an den Bildern und vielleicht besuchen Sie mal den Sohn – den Herrn Optikermeister F. Zimmermann – in besseren Zeiten wie diesen in seinem Geschäft in der Reihstraße 19 (am Ende der Elisengalerie).
Bleiben Sie Frau Daniel und Du Uschi gesund!
Beste Grüße | Peer
Unter dem Suchbegriff “Lütticher Straße” finden Sie übrigens auch hier weitere Geschichten des Autors zu dieser Straße. 😉
So, Fotos sind wieder da! Zu viele Umlaute und Satzzeichen und Leerstellen in den Dateinamen hatten die arme Technik wohl durcheinandergebracht…
Lieber Peer, liebe Uschi!
Vielen Dank für die schnelle Reaktion, ich habe mir jetzt die Bilder gespeichert :-).
Zu meinem Vetter Franz Zimmermann habe ich engen Kontakt, er freut sich ebenfalls, dass die Bilder wieder sichtbar sind.
Herzliche Grüße
Gerda